Auswandererliteratur

Zunächst finden Sie hier eine Zusammenstellung der Buchbestände zur Auswanderung zweier Bibliotheken. Anschließend folgen Hinweise zu Veröffentlichungen zum Thema.

Buchbestand der Landesgeschichtlichen Bibliothek Bielefeld

Eines der ersten große Ziele des Amerikanetzwerks wurde Anfang 2005 erreicht – ein umfassendes themenbezogenes Literaturverzeichnis online. Diese von Ulrike Kunze erstellte Bibliographie listet den gesamten Buchbestand der Landesgeschichtlichen Bibliothek Bielefeld zum Thema Amerika-Auswanderung auf:

DAUSA-Bibliographie an der Universität Oldenburg

Im Zuge der Bibliographie-Arbeit sandte uns Herr Prof. Dr. Holtmann von der Universität Oldenburg (Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA) die so genannte DAUSA-Bibliographie – also eine Auflistung der dort zur Verfügung stehenden Literatur – zu, die Sie ebenfalls hier einsehen können:

Nachfolgend finden Sie Buchvorstellungen sowie Besprechungen zu ausgewählten Veröffentlichungen, die in engem Bezug zu unserem Fachgebiet „Auswandererforschung“ stehen.

Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaft. Annäherungen und Aufgaben
Auf dem Weg in die Neue Welt
Auf nach Amerika! Band 3
Ausgewandert nach Amerika – Spurensuche nach 150 Jahren
Burschenschafter, Revolutionär, Demokrat
Das Zirkular
Deutsche im Amerikanischen Bürgerkrieg
Die deutsche Präsenz in den USA
Die Nordamerikaauswanderung in Abbildungen deutscher illustrierter Familienblätter und Satirezeitschriften 1835-1944
Dopheide – vor 120 Jahren ausgewandert nach Amerika
Eberhard Hermann Röttger (1800-1888), Missionar in Niederländisch-Indien, Pfarrer in Lengerich und Lotte
Melle(r) in der Neuen Welt
Stellenwert und Funktion von Gemeinde, Pastor und Lehrer in Kirchengemeinden der Missouri-Synode des 19. und 20. Jahrhunderts
Venne in Amerika
Von Westfalen in die Welt
Westfalen in Amerika
Westfalen in der Neuen Welt

Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaft. Annäherungen und Aufgaben

Herausgegeben von Dr. Bettina Joergens und Dr. Christian Reinicke,
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen 2006, Graf-Adolf-Straße 67, D-40210 Düsseldorf
ISBN 3-927502-10-3

Dazu auszugsweise folgender Pressetext: „Die Familienforschung boomt. Das ist eine Herausforderung für die Archive, die eine Vermittlungsfunktion zwischen Schriftgutbildnern, der Wissenschaft und der Laienforschung einnehmen.

Die beiden Personenstandsarchive im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen haben unter dem Titel „Archive, Familienforschung und Geschichtswissenschaft. Annäherungen und Aufgaben“ insgesamt 20 archivfachliche, quellenkundliche und historische Beiträge von 21 Autorinnen und Autoren zusammengefasst. Die Artikel gehen auf Vorträge zurück, die aus Anlass der Jubiläumstagung beider Personenstandsarchive 2005 und bei den Sommergesprächen des Staats- und Personenstandsarchivs Detmold 2004 und 2005 gehalten wurden. Sie sind durch weitere Beiträge thematisch ergänzt worden.

Die Tagungen hatten zum Ziel, die Personenstandsarchive, die es in Deutschland nur in Nordrhein-Westfalen gibt, stärker in der deutschen Archivlandschaft zu präsentieren. Gleichzeitig sollten sie eine Brücke zwischen Archiven und ihren verschiedenen Nutzergruppen entwickeln.

Gruppiert um die gemeinsamen Themen „Archive und Öffentlichkeit“, „Personenstandsquellen in Archiven“, „Archivalien von Morgen“ und „Geschichtswissenschaftliche Perspektiven“ zeigt der Band unterschiedliche Gesichtsfelder heutiger archivischer Arbeit auf, besonders in den Personenstandsquellen, z. B. bei der historischen Familien- sowie der historischen Migrationsforschung. Dieses Publikum ist somit eine konkrete Bezugsgruppe zur archivfachlichen Diskussion und dient gleichzeitig als Einführung in die Nutzung von personenbezogenen Archivalien etwa für die Genealogie.“

Nachfolgend die Inhaltsangabe des Bandes, darunter S. 212 – 222 übrigens eine Darstellung zu „Das Amerikanetz, eine elektronische Brücke für Auswanderungsforscher“ von Netzwerkgründer/Koordinator Friedrich Schütte.

Grußwort von Wilfried Reininghaus S. 7
Grußwort von Robert Kretzschmar S. 9
Einleitung: Personenstandsarchive und Familienforschung von Bettina Joergens und Christian Reinicke S. 12
1 Archive und Öffentlichkeit
Familienforschung und Archive – eine Beziehung vom Kopf auf die Füße gestellt von Bettina Joergens S. 24
Zwei Personenstandsarchive in Nordrhein-Westfalen oder: Wie gründet man ein Archiv? Ein Beitrag zur Archivgeschichte des Landes Nordrhein-Westfalen von Christian Reinick S. 39
2 Personenstandsquellen in Archiven
Vom Kirchenbuch zum Personenstandsarchiv Detmold. Die Entwicklung des Personenstandswesens in Westfalen-Lippe von Ragna Boden und Christoph Schmidt S. 56
Personenstandsüberlieferung in katholischen Archiven von Joachim Oepen S. 74
Personenstandsüberlieferung in evangelischen Archiven unter besonderer Berücksichtigung von Westfalen und Lippe von Wolfgang Günther und Maja Schneider S. 88
Abfahrt vom großen Hafen in Hamburg. Quellen zur Auswanderer im Hamburger Staatsarchiv von Peter Gabrielsson S. 110
3 Archivalien von Morgen
Die Novellierung des Personenstandsgesetzes von Udo Schäfer S. 122
Die Führung von Personenstandsbüchern im Standesamt von Klaus Kaim S. 136
4 Geschichtswissenschaftliche Perspektiven
Zivilstandsregister, historische Demographie und Sozialgeschichte anhand von niederrheinischen Beispielen von Peter Kriedte S. 146
Netzwerkanalyse im Personenstandsarchiv? – Probleme und Perspektiven einer historischen Verflechtungsanalyse von Stefan Gorißen S. 159
Forschungen zur historischen Arbeitsmigration und ihre Quellengrundlagen von Wilfried Reininghaus S. 175
Auswanderung aus Lippe – alte und neue Fragen der Forschung von Stefan Wiesekopsieker S. 186
Das Amerikanetz: eine elektronische Brücke für Auswanderungsforscher von Friedrich Schütte S. 212
Frühe „Auswanderer“ aus der Vogtei Heiden (Lippe). Ein Verzeichnis von 1708 als genealogische und sozialgeschichtliche Quelle von Wolfgang Bechtel und Nicolas Rügge S. 223
Meistererzählung und Leidensgeschichten. Anmerkungen zum kollektiven und personalen Gedächtnis von Flüchtlingen und Vertriebenen von Thomas Kailer S. 237
Der Zweite Weltkrieg: Suche nach vermissten oder vertriebenen Angehörigen, wie geht das? Ein Beispiel aus der Praxis von Simone Verwied, S. 266
Genealogie im Internet – Genealogische Datenbanken von Günter Junkers S. 277
Autorinnen und Autoren S. 290
Abbildungsverzeichnis S. 291

Auf dem Weg in die Neue Welt

Friedrich Schütte über Markus Günther, Bochum/Washington D.C. (Diss.): „Auf dem Weg in die Neue Welt“

Die Atlantiküberquerung im Zeitalter der Massenauswanderung 1818-1914.

Warum und wieso im 19. Jahrhundert so viele Millionen Deutsche nach Amerika gezogen sind, wie sie es drüben antrafen, wo sie sich ansiedelten, wie sie Amerikaner wurden, es zu etwas brachten oder auch zu Grunde gingen: Darüber liegen dies- und jenseits des Atlantiks hinreichend viele (wissenschaftliche) Veröffentlichungen vor. Doch: Wie es während der oft viele Wochen dauernden Schiffsreise in die Neue Welt im einzelnen und generell zuging, wie die Menschen die Zeit unterwegs mit all ihren oft unmenschlichen Strapazen und Nöten in fremder Umgebung und unter völlig fremden Mitpassagieren erlebten und überlebten, darüber haben Wissenschaftler bislang anscheinend wohl eher nur am Rande geforscht.

Jedenfalls hat Markus Günther, heute Auslandskorrespondent deutscher Tageszeitungen wie etwa der HAZ / Hessischen Allgemeinen Zeitung Kassel in Washington D.C., aus diesem Stoff ein Forschungsthema gemacht und letztlich eine äußerst inhaltsreiche, von vorn bis zum Ende spannend zu lesende Dissertation unter dem oben aufgeführten Titel vorgelegt. Eine Arbeit, aus der jeder, der sich eingehend mit der deutschen Amerikaauswanderung und ihren einzelnen Aspekten befassen will, eine Unmenge lernt und bleibenden Nutzen zieht.

Günthers wohl wichtigster akademischer Lehrer und „väterlicher Berater“ ist bei der äußerst schwierigen wie umfangreichen Materialsammlung Professor Dr. Wolfgang Helbich, früher Ruhr-Universität Bochum, gewesen. Dieser Name weckt Assoziationen: Wolfgang Helbich und sein Team (zu dem auch Prof. Dr. Walter Kamphoefner von der Texas A&M-University gehörte) haben in den 80er Jahren von der Ruhr-Universität aus deutschlandweit viele Tausende Auswandererbriefe gesammelt und sorgsam ausgewertet. Helbich und Kamphoefner schmiedeten daraus ihr inzwischen zur wissenschaftlichen Standardliteratur zählendes, umfangreiches deutsch-amerikanisches Gemeinschaftswerk: „Briefe aus Amerika“.

In jener universitären Schatztruhe von mehr als 8.000 gesammelten Briefen, die deutsche Amerika-Auswanderer über Jahrzehnte nach Haus zu ihren Eltern, Geschwistern, Freunden, Pfarrern oder Bräuten schrieben, waren manche Hundert Situationsberichte mit sehr exakten, immer verschiedenen und einander oft gegenseitig „kontrollierenden“ Reisebeschreibungen. Dabei stehen die Auswanderungshäfen Bremen/Bremerhaven und Hamburg, aber auch Le Havre als wirtschaftliche Kontrahenten mit ihren Behörden, Unterkünften, Gesetzen und vor allem Schiffen und Passagieren unterschiedlicher Klassen im Brennpunkt,- die zahlreichen Katastrophen auf und mit Auswandererbooten nicht zu vergessen.

Ebenso aufmerksam und quellenreich hat Markus Günther die Entwicklung der Auswanderer-Schiffahrt vom frühen Auswanderersegler zum Ozeanriesen des späten 19. Jahrhunderts bzw. frühen 20. Jahrhunderts herausgearbeitet – wobei er nachweist, wie amerikanische und englische Reeder ihren deutschen Wettbewerbern technisch und kaufmännisch meist weit voraus waren – und dass es beiderseits des Ozeans nur verhältnismäßig kurze Zeiten europäischen Massen-Emigration nach Übersee gab, in denen das Millionengeschäft mit den von Europa absegelnden Amerika-Auswanderern überhaupt rentierte. Warum das so war und nicht besser: Man lese „Auf dem Weg in die Neue Welt“!

Markus Günther: Auf dem Weg in die Neue Welt, Wißner Verlag, 241 S., ISBN 3-89639-503-3

Auf nach Amerika! Band 3

Bernd Broer, Otmar Allendorf, Heinz Marxkors, Wolfgang Stüken (Hrsg.): Auf nach Amerika! Band 3. Zur Amerika-Auswanderung aus dem Paderborner Land und zur Einwanderung aus Deutschland in die Region der Paderborner Partnerstadt Belleville, Illinois.

420 Seiten, zahlreiche Abbildungen, gebunden, Bonifatius-Verlag Paderborn 2008, ISBN 978-3-89710-408-2, 24,90 Euro.

Der seit 20 Jahren bestehende Deutsch-Amerikanische Freundeskreis Paderborn-Belleville hat den dritten Band seiner Reihe „Auf nach Amerika!“ vorgelegt. Wie die beiden Vorgängerbände, 1994 und 1999 erschienen, enthält das Buch wieder viele Namen von Amerika-Auswanderern aus dem heutigen Kreis Paderborn (frühere Altkreise Büren und Paderborn). Heinz Marxkors hat in Schiffslisten geforscht, die seit 1820 jeder Kapitän bei der Ankunft in einem Hafen der USA vorlegen musste. Und es zeigte sich: Die meisten der in diesen Listen verzeichneten Auswanderer sind in Akten deutscher Archive gar nicht erfasst. Von den 1.746 Auswanderernamen aus dem Kreis Paderborn, die Marxkors ermittelt hat, sind nur etwa ein Drittel in deutschen Archiven verzeichnet. Woraus der Autor folgert, dass man zu jedem der bislang bekannten 5.000 bis 6.000 Amerika-Auswanderer aus dem Kreis Paderborn „noch knapp zwei weitere in Passagierlisten und US-Archiven entdecken kann“. Was für den heutigen Kreis Paderborn eine Auswandererzahl ergibt, die Marxkors auf insgesamt „13.000 bis 15.000“ schätzt (Seite 226).

Neben den Auswanderernamen enthält Band 3 von „Auf nach Amerika!“ eine Reihe von Beiträgen zur Auswanderung des 19. Jahrhunderts. Vier der sieben Autoren des Bandes sind Mitarbeiter des Netzwerks westfälische Amerika-Auswanderung: Neben Heinz Marxkors sind dies Friedrich Schütte, Wilhelm Bökamp und Wolfgang Stüken. Marxkors und Stüken sind zugleich Mitherausgeber.

„Spannende, interessante Literatur“, die einen „tieferen Blick“ in das Thema Amerika-Auswanderung ermögliche. So urteilte Paderborns Bürgermeister Heinz Paus bei der Vorstellung des dritten Bandes der Reihe „Auf nach Amerika!“ am 21. Mai 2008 im großen Rathaussaal der Stadt. Die Beiträge des Buches lenkten den Blick auch auf die Fundamente der deutsch-atlantischen Freundschaft.

Den Weg der im 19. Jahrhundert nach New Mexico ausgewanderten jüdischen Geschwister Nordhaus aus Paderborn zeichnet die Paderborner Historikerin Margit Naarmann nach – eine Begegnung mit Billy the Kid, einem der berühmten Ganoven des Wilden Westens inklusive. Jürgen Brautmeier und Wilhelm Bökamp schildern die Schicksale mehrerer Auswanderer aus dem Delbrücker Land. Darunter ist Wilhelm Tegethoff aus Nordhagen, den es von St. Louis (Missouri) als Goldgräber nach Kalifornien lockte.

Dass die Emigranten in Amerika regen Anteil am Schicksal der deutschen Heimat nahmen, zeigt der Appell an das deutsche Volk der Deutschamerikaner aus Belleville (Illinois), verfasst im Jahr nach der Revolution von 1848, den Wolfgang Stüken entdeckte. Er stellt auch den 1833 aus Frankfurt/Main nach Belleville geflüchteten „Wachenstürmer“ Gustav Körner vor, der in den USA politische Karriere machte, und berichtet ferner über so genannten „Lateinischen Bauern“, die in Shiloh Valley wenige Meilen östlich von Belleville siedelten – auch zwei Westfalen aus der Familie Haxthausen waren unter ihnen. Franz Löher, der Paderborner Reiseschriftsteller und spätere westfälische Revolutionär, schaute sich 1847 im Settlement dieser – wie er sagte – „Gentlemen Farmer“ um.

Das Wagnis katholischer Orden, in der Zeit des Kulturkampfes Niederlassungen jenseits des Atlantiks zu gründen, beleuchten Friedrich Schütte (Schwestern der Christlichen Liebe, Paderborn) und Wolfgang Stüken (Franziskanerinnen von Salzkotten).

Aus der Städtefreundschaft Paderborn-Belleville in den Jahren von 1988 bis 2008 berichtet Otmar Allendorf – es ist zugleich die Fortschreibung seiner in Band 1 begonnenen, bis 1994 führenden „Chronik einer Partnerschaft“.

Inhaltsverzeichnis

Bernd Broer: Vorwort

Otmar Allendorf: Paderborn – Belleville/Illinois (USA).

Stationen einer Städtefreundschaft 1988 – 2008

Jürgen Brautmeier:“Sie besiedelten den Norden Amerikas“ – Von Ostenland (Westfalen) nach Muenster (Texas)

Margit Naarmann: Von Paderborn nach New Mexico. Eine Generation wandert aus – Die Geschwister Nordhaus

Wolfgang Stüken: „Adresse an das deutsche Volk“ – Appell von 1849 der Deutschamerikaner aus Belleville und Umgebung zum Kampf für die „Deutsche Republik“

Wilhelm Bökamp: Wer das Glück hat, der schläft nicht zu lange. Der Amerikaauswanderer Wilhelm Tegethoff aus Nordhagen zog als Goldgräber nach Kalifornien

Wolfgang Stüken: Schiffsreise in den Tod – ein tragisches Unglück überschattet die Anfangsjahre der Franziskanerinnen von Salzkotten in den USA

Friedrich Schütte: Pauline von Mallinckrodt, Wegbereiterin des Schulwesens in den USA. Bismarcks Religionspolitik trieb den „Orden der Schwestern der Christlichen Liebe“ nach Amerika

Wolfgang Stüken: Gustav Körner (1809-1896) – Bellevilles berühmter Bürger

Wolfgang Stüken: „Ein merkwürdig Stück deutsches Leben“ – das „Lateinische Settlement“ östlich von Belleville

Jürgen Brautmeier: Henry Braudmyer – ein westfälischer Pionier in Pennsylvania

Heinz Marxkors: Auswanderungen und Auswanderer aus den Altkreisen Büren und Paderborn im 19. Jahrhundert

– Auswanderer aus dem Altkreis Büren

– Auswanderer aus dem Altkreis Paderborn

– Namensregister zu den Passagierlisten

– Verzeichnis der Tauforte/Kirchspiele und deren Ortsteile

Autoren und Herausgeber

Ausgewandert nach Amerika – Spurensuche nach 150 Jahren

Sabine Niemeyer: „Ausgewandert nach Amerika – Spurensuche nach 150 Jahren“

Hier ein Buchtipp für Sie: Vielleicht hätten Sie Interesse an meinem Buch über Ahnenforschung, insbesondere über Amerikaauswanderung. Ich habe zehn Jahre lang versucht herauszufinden, was aus einem Vorfahren von mir geworden ist, der ca. 1850 nach Amerika ausgewandert sein sollte. Wohin und ob er überhaupt jemals dort ankam, wusste ich nicht. In dem Buch beschreibe ich die Spurensuche in Amerika, Australien und Deutschland. Enthalten sind viele Tipps, Anregungen und Adressen, die bei der Forschung helfen können. Außerdem sind viele alte Fotos und Dokumente zu sehen.

Das Buch heißt „Ausgewandert nach Amerika – Spurensuche nach 150 Jahren“ (Grundriss der Genealogie, Band 12). Vielleicht hilft Ihnen mein Buch ein wenig bei der Ahnenforschung. Spannend und interessant ist es in jedem Fall, wie mir die Leser bestätigten, auch die, die mit meinem Vorfahren nichts zu tun haben.

Liebe Grüße,

Sabine Niemeyer

Burschenschafter, Revolutionär, Demokrat

LITERATUREMPFEHLUNG von Friedrich Schütte

Liebe Netzwerkfreunde,

meine Frau hatte mir zu Weihnachten Alfred Wesselmanns Buch (Dissertation) über den Revolutionär, frühen Marx- und Engels-Gefährten, 1848-er Demokratie-Kämpfer und New Yorker / Chicagoer, nicht mehr rein kommunistisch, sondern nun „nur noch“ demokratisch-links (von Marx/Engels kuriert) schreibenden Redakteur Hermann Kriege aus Lienen, Westfalen geschenkt.

Ich habe das 311 Seiten umfassende Werk mit größtem Interesse gelesen und viel Neues erfahren, besonders auch über Krieges frühen Tod zu Ende 1850 in einem Irrenhaus in NYC. Vor allem war mir nicht hinreichend bekannt, wie sehr Kriege die demokratische Bewegung und die Revolution 1848/49 in Deutschland mitgestaltet hat, speziell seine engen Beziehungen zu Minden (dort Abitur) und Bielefeld (Schulbesuch, Militärzeit, Einbindung in die Bielefelder Demokratie-Bewegung, Zusammenarbeit mit Lüning und Helmich, Rudolf Rempel, von Behr/Meyer, Stallo und dem Bünder Schauenburg), in den U.S.A. zeitweilige Zusammenarbeit mit Gustav Körner (Herausgeber der Belleviller Zeitung und mit anderen aus Deutschland geflohenen Revolutionären/Demokraten der Jahre 1832-1849, z.B. Hecker. Spannend, spannend!

Herzliche Grüße zum Jahreswechsel, und auf ein Neues!

Ihr/Euer Friedrich Schütte

Alfred Wesselmann, Burschenschafter, Revolutionär, Demokrat – Hermann Kriege und die Freiheitsbewegung 1840-1850, Osnabrück, Der Andere Verlag, 2002, ISBN 3-936231-11-7, Paperback, 311 Seiten, 6 Bildtafeln

Das Zirkular

Dr. Alfred Wesselmann über Georg Bühren, „Das Zirkular“ – Buchbesprechung

Ein veritabler Handlungsträger der Revolution in Deutschland 1848 wird der Held eines Romans. Die Rede ist von Hermann Kriege, der 1820 in Lienen in Westfalen geboren wurde und 1850 in New York im Irrenhaus starb.

Georg Bühren, Jahrgang 1955, ebenfalls Westfale und Redakteur beim Westdeutschen Rundfunk, hat Hermann Krieges Leben zum Sujet seines Romans „Das Zirkular“ gemacht, der 2009 im Aisthesis-Verlag in Bielefeld erschienen ist.

Der nichtwissende Leser stutzt natürlich sofort bei diesem Titel. Georg Bühren macht das Vernichtungsurteil von Marx und Engels von 1846, dem sie die Bezeichnung „Zirkular gegen Kriege“ gaben, zum Dreh- und Angelpunkt im Leben des Hermann Kriege. Der 26-jährige Kriege wurde in diesem Zirkular von dem gleichaltrigen Friedrich Engels und dem zwei Jahre älteren Karl Marx nach allen Regeln des intellektuellen Stalinismus – nichts passt hier besser als dieser Begriff avant la lettre – fertig gemacht.

Dass Hermann Kriege im Irrenhaus endete, drängt sich dem Kenner der Auseinandersetzungen im Lager der Kommunisten und Sozialisten vor 1848 als nahezu unausweichliche Konsequenz auf. Wer wie Hermann Kriege den Menschen, wie er in der damaligen Zeit lebte und litt, in den Mittelpunkt stellte, hatte vor den Schranken des Gerichts, bei dem Marx und Engels die selbstverfertigten Gesetze des historischen Materialismus exekutierten, nicht den Hauch einer Chance.

Von diesem Fixpunkt ausgehend erzählt Georg Bühren die Lebensgeschichte des Hermann Kriege auf zwei Ebenen. Die erste Ebene ist, dass Kriege sich 1850 im Bloomingdale Asylum, einem Irrenhaus, befindet. Zwar ist es eine renommierte medizinische Einrichtung bei New York, von deren Qualität sich Mathilde, Krieges Frau, überzeugt hat, bevor sie ihn dort unterbringt. Hier bringt Kriege seine manchmal konfusen, manchmal luziden Sorgen und Hoffnungen zu Papier. Immer wieder bedrängt ihn der Gedanke, dass seine Widersacher ihn auch hier noch verfolgen, bis diese Sorge ihm schließlich den Verstand raubt und er am Silvestertag des Jahres 1850 stirbt.

Eine zweite Erzählebene besteht aus Rückblenden aus dem Bloomingdale Asylum. Als Ich-Erzähler referiert Kriege alle wesentlichen Stationen seines Lebens: die Kindheit in Lienen, das Studium in Bonn, Leipzig und München, den Militärdienst in Bielefeld, die Flucht in die USA, die Teilnahme an der Revolution 1848 in Deutschland. Schließlich läuft der Erzählstrang der Rückblenden mit der bedrohlichen Gegenwart im Irrenhaus in New York zusammen.

Diese Erzählweise kann den Leser gewinnen, ja sogar fesseln. Zugleich gelingt es Georg Bühren auch, die Bauform dieser Erzählung mit Elementen des Bildungs- oder Reiseromans zu verschmelzen. Welche Orte Kriege auch ansteuerte und welche Menschen er dort traf, es waren immer Begegnungen, die ihn intellektuell und charakterlich voranbrachten. Exemplarisch seien hier genannt: Leipzig und Robert Blum, Bruckberg (bei Nürnberg) und Ludwig Feuerbach, London und Wilhelm Weitling, New York und die Founding Fathers der amerikanischen Demokratie.

In dieser Erzählung hält sich Georg Bühren im Allgemeinen an die historischen Fakten, die er mit dichterischer Freiheit ausschmückt. Doch für meinen Geschmack ist der Verfasser hier zu sehr Historiker und zu wenig Romancier. Der Leser begegnet im Roman nahezu jedem Zeitgenossen, dem Hermann Kriege realiter begegnet ist. Dabei kommt es zwangsläufig dazu, dass der neugierige Leser mit dem einen oder anderen Namen nicht viel anfangen kann. Und aus der real-fiktiven Begegnung mit Hermann Kriege wird ihm auch keine Erleuchtung zu Teil. Viele dieser Charaktere bleiben blass; es sind flat characters. Große Teile des Romans erscheinen so als fiktionalisiertes name dropping: der Leser kann nur bewundern, mit welchen Koryphäen seiner Zeit Hermann Kriege auf vertrautem Fuß stand.

Doch gibt es auch eine andere Seite. Ein Glanzstück der Erzählung ist, wie Hermann Kriege im Bloomingdale Asylum wieder einmal über das Zirkular grübelt. Dabei entsteht vor seinem inneren Auge die Phantasmagorie einer Schiffsfahrt über den Atlantik. Das Schiff havariert. Auf dem Rettungsfloß übernimmt Karl Marx das Kommando, alle anderen (auch Engels) müssen rudern. Der selbsternannte sadistische Kapitän zwingt Kriege und Weitling ins kalte Wasser. Dann wacht Hermann Kriege aus diesem Alptraum auf (S. 267-269). Etwas anders vom Motiv her, aber ebenso zwingend erzählt wird eine (wohl fiktive) Begegnung zwischen dem westfälischen Demokraten Jodokus Temme und Hermann Kriege auf dem demokratischen Kongress in Berlin im Oktober 1848 (S. 345-348). Temme belehrt Kriege auf höchst beeindruckende Weise, dass Form und Inhalt einander bedingen: hohe demokratische Ideale überzeugen umso mehr, je besser die Umgangsformen ihrer Repräsentanten sind. Ein drittes Beispiel ist, wie Kriege dem in Amerika reich gewordenen Johann Jacob Astor in Gedanken begegnet. Das Bild des hartleibigen Geldmenschen Astor verwandelt sich in das Bild von Hermanns Vater, dem hartleibigen Geldmenschen aus Lienen (S. 218-1219).

Solche Perlen finden sich zahlreich in dem Roman. Doch leider stehen auch kraftlose Passagen neben dem ausdrucksstarken, plastischen Originalton Hermann Krieges. Dafür ein Beispiel: Im Sommer 1850 suchte Hermann Kriege eine Arbeit als Journalist in Chicago. Er spürte schon, wie ihn eine psychische Erkrankung beschlich. Von Chicago schrieb er seiner Frau Mathilde, die in New York zurück geblieben war:

„Liebe Mathilde, mir fehlt nichts als eine nützliche Arbeit. […] Bist mir doch nicht böse, dass ich immer noch nicht ganz wieder hergestellt bin, dass ich immer noch Augenblicke habe, wo ich in trostloser Verzweiflung an meiner Natur zusammensinken möchte? O Mathilde, ich habe letzthin Tränen geweint, als mir einfiel, wie sauer es mir wird, Dir ein Ruheplätzchen zu erobern. Ach, ich bin ein armer zerschossener Vogel, ich muss hier in den Westen ziehen, sonst wachsen mir die Flügel nie recht wieder? Ich bin so wirr im Kopf, dass ich keinen vernünftigen Satz mehr schreiben kann.“ (S. 400)

Als Kriege dann bei der Illinois Staatszeitung in Chicago eine Stelle gefunden hatte, legt Georg Bühren ihm folgende Worte in den Mund:

„Ich versuchte, freie Mitarbeiter und Korrespondenten in den großen Städten mit deutscher Bevölkerung zu gewinnen. Ich schrieb an Johann Bernhard Stallo, der jetzt in Cincinnati lebte, an Wilhelm Palm in St. Louis, an Gustav Körner in Belleville und an den Arzt Robert Wesselhöft in Brattleboro, Vermont. Letzterer war Urburschenschafter des Wartburgfestes von 1817 gewesen und hatte sieben Jahre im Gefängnis gesessen.“ (S. 401)

Hier sieht Georg Bühren vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Eine Straffung der Handlung, die viele Details dort gelassen hätte, wo sie hingehören, nämlich in die historische Sachliteratur, wäre dem Roman gut bekommen. Glänzend aber bleibt die Idee, die Biografie eines ungewöhnlichen Menschen an den Folgen eines infamen Rufmordes aufzuhängen: dem Zirkular gegen Kriege.

Georg Bühren, Das Zirkular, Roman, Aisthesis-Verlag, Bielefeld 2009
414 Seiten, kartoniert/broschiert, ISBN 978-3-89528-736-7

Deutsche im Amerikanischen Bürgerkrieg

Walter Kamphoefner, Director of Graduate Studies, Department of History der Texas A&M University, ist Mitherausgeber des Buches zu den Deutschen im Amerikanischen Bürgerkrieg:

Deutsche im Amerikanischen Bürgerkrieg
Briefe von Front und Farm 1861-1865
Hrsg. von Wolfgang Helbich und Walter D. Kamphoefner
Hardcover gebunden
584 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen und Karten
Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2002

Die deutsche Präsenz in den USA

Neues Standardwerk zur deutschen US-Präsenz hat seine Wurzeln im ZiF der Universität Bielefeld (eine Buchbesprechung von Friedrich Schütte)

Ausgangspunkt: Internationales Kolloquium vom Herbst 2004 zum Thema deutsch-amerikanischer Migration und deren Folgen – 37 Wissenschaftler aus Europa und den USA legen gemeinsam ihre neuesten Forschungsergebnisse vor

Bielefeld. In Redaktion von Josef Raab und Jan Wirrer (Herausgeber) haben 37 Hochschullehrer und Forscher aus Europa und Nordamerika soeben ein neues, 11 Themenbereiche und 848 Seiten umfassendes Standardwerk zur deutschen Präsenz in den USA herausgebracht. Die in Bielefeld entstandene Forschungsgruppe gibt mit diesem Buch aus den verschiedensten Disziplinen und in sehr unterschiedlicher transatlantischer Sicht Antwort auf Woher, Wohin, Verbleib und Auswirkung deutscher Sprache und Kultur auf die Entwicklung der Vereinigten Staaten während der Vergangenheit und bis zur Gegenwart.

Man weiß: Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist ambivalent und war das bereits von Anbeginn europäischer Auswanderung in die Neue Welt. Stellten doch über 6 Millionen deutsche Amerika-Migranten allein im 19. Jahrhundert unter allen ethnischen Gruppen der USA rechnerisch zeitweilig die stärkste Gruppe, noch vor den Iren. Ob, wie und warum deutsche Immigranten Leben, Kultur und Politik der Vereinigten Staaten mitgeprägt haben oder im amerikanischen „melting pot“ aufgegangen sind, ist in früherer Zeit wissenschaftlich zwar bereits vielfältig erörtert worden. Vergleichende Studien jedoch, insbesondere nach den Umwälzungen und der Entfremdung beider Länder während der Kriege im 20. Jahrhundert, sind eher rar und wenn vorhanden, meist streng themen- und zeitspezifisch angelegt worden.

Was Josef Raab und Jan Wirrer jetzt mit Hilfe in- und ausländischer Kollegen als eindrucksvolles Gemeinschaftswerk englisch- und deutschsprachig gedruckt vorlegen, ist z. T. bereits auf einem internationalen Kolloquium vom 20. – 23. Oktober 2004 im Zentrum für Interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld vorgestellt worden. Dabei ging es vor allem um fächerübergreifenden Austausch neuer, vergleichender Forschung sowie notwendige Korrekturen im Lichte gegenwärtiger historischer, sozialer und politischer Disziplinen nebst Kunst, Wissenschaft, Recht und Medien.

Mark Twain schätzte Deutschland als Kultur- und Reiseland sehr

Dabei kamen die unterschiedlichsten Forschungsgebiete zur Sprache, wie in dem soeben vorgelegten Band nachzulesen ist: Mitherausgeber Josef Raab (Universität Duisburg-Essen) befasst sich mit dem Niederschlag deutscher Immigrantenkultur in der amerikanischen Literatur, von Benjamin Franklin bis zu Mark Twain, der, wer weiß das schon!, perfekt deutsch sprach, schrieb und das von ihm sehr geschätzte „Land der Dichter & Denker“ sowie Österreich nachhaltig bereist hat. Zitat aus Twains Rede vor dem Wiener Presse-Club 1897: „Ich bin ein Fremder – aber hier, unter Ihnen, habe ich es ganz vergessen!“

Jan Wirrer, Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Bielefeld, und seine Schülerin Alexandra Jacob haben bis in die jüngste Vergangenheit hinein in den USA „Plattdeutsche Sprachinseln“ erforscht und sind von daher der Frage nachgegangen, wie und von woher deutsche Amerikaeinwanderer ihr heimatliches Platt in die neue Welt verpflanzen konnten und wie dieses im Laufe folgender Generationen zu einem Sprachenmix verkam ? wenn es inzwischen nicht – bis auf letzte Enklaven der plattdeutschen Pommern in Wisconsin – ganz verschwunden ist.

1918 in Iowa: „Gott selbst spricht nur Englisch!“

Hochdeutsch zu sprechen war ab und nach dem Ersten Weltkrieg in weiten Teilen der USA verboten und in Iowa z.B. per „Babel Proclamation“ sogar unter Strafe verboten, wie James R. Dow (Iowa State University) festgestellt hat. Allerdings handelte es sich laut geheimem Behördenprotokoll um ein ungeschriebenes Gesetz (unwritten law), das laut Governor William L. Harding gleichwohl zu befolgen und zu verfolgen sei, und zwar „strongly by communities and individuals“.

In der Alltagspraxis wurde daraus ein nicht nur in Iowa weitverbreitetes, allgegenwärtiges Spitzelsystem. Selbst deutschsprachige Gottesdienste und Beerdigungen waren verpönt. Dow zitiert Governor Harding: „Gott selbst spricht nur Englisch. Deutsche Gebete hört er nicht!“ Massenweise wurden deutsche (Schul-)Bücher eingezogen oder gar öffentlich verbrannt.

Um zu beweisen, von wo und wie deutsche Amerikaauswanderer vor allem während der zurückliegenden 180 Jahre per Kettenwanderung massenweise in die Neue Welt abgesegelt sind, anfangs meist ab Bremen, das haben Walter Kamphoefner (Texas A&M-University) und sein Schüler Timothy Anderson (Ohio State University), beide in den 1980er bzw. 1995er Jahren Absolventen der Universität Münster, am Beispiel Westfalens und seiner schätzungsweise 300 000 Amerikaauswanderer anhand breit angelegte Forschungen dargelegt und damit in Tagung und Buch nebenbei so etwas wie „internationale Regionalität“ auf hohem wissenschaftlichen Niveau hineingebracht.

Emigration nach USA im Kontext früher Südamerika-Auswanderung

Stefan Rinke (Freie Universität Berlin) stellt in seiner Arbeit fest, in der umfangreichen Forschungsliteratur zur deutschen Amerika-Auswanderung sei früher nur wenig vergleichend diskutiert worden. Dabei sei häufig total übersehen worden, wie im 19. Jahrhundert ein beträchtlicher Teil der auswandernden deutschen Bevölkerung sein Glück in Südamerika gesucht habe. Zwar hätten im 19. Jahrhundert 90 v. H. aller deutschen Auswanderer den vergleichsweise einfacheren Weg nach Nordamerika gewählt. Doch habe es kurzfristig auch einen Auswanderungsboom nach Südamerika (Brasilien/Chile) gegeben, der sich etwa 1820 durchaus mit der Migration nach USA habe messen können.

Für speziell Bielefelder Lokalkolorit sorgt Chris Lippard (University of Utah), der an die Spitze seiner Arbeit über „Deutsche Präsenz in Film und Medien der USA“ den hier geborenen Friedrich Wilhelm Murnau alias F. W. Plumpe stellt. Bejubelter UFA-Regisseur der 1920er Jahre, durch William Fox nach Hollywood geholt und dort wegen seines typisch deutschen, empfindsamen Gemütszustandes, nur teilweise erfolgreich geblieben. Für die Migrationsforschung in diesem Fall besonders interessant: Murnau verarbeitete in seinem letzten (Südsee-)Film „Nosferatu“ gewissermaßen aus seiner eigenen Biographie, das Thema Emigration.

Welchen Einfluss hatte die deutsche Bauhaus-Pädagogik auf die neuere amerikanische Architektur? Hierzu legt Madlen Simon (University of Maryland) eine umfassende Arbeit vor. Hartmut Keil (Universität Leipzig) hat das Schicksal und den sozialen Aufstieg ausgewanderter deutscher Arbeiter insbesondere rund um Chicago untersucht. Er führt den Beweis, dass deutschsprachige Einwanderer dort bis Mitte des 20. Jahrhunderts „die numerisch bedeutendste, in die USA immigrierte Gruppe sind“.

Westfälin in Wisconsin kämpft für Frauen-Wahlrecht

Anke Ortlepp (Deutsches Historisches Institut, Washington D.C.) ist der deutsch-amerikanischen Frauenbewegung im 19. und 20. Jahrhundert mit Akribie nachgegangen. Dabei hat eine1848er Revolutionärin aus Westfalen: Mathilde Anneke (Münster), von Milwaukee, Michigan aus eine entscheidende Rolle gespielt, bis hin zur endlichen Wahlzulassung US-amerikanischer Frauen im Jahre 1919. Ortlepp: „Sie (die immigrierten deutschen Frauen) hatten den Wunsch nach einer revolutionären Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrem kulturellen Gepäck mitgebracht“.

Heike Bungert (Universität Köln) hat die Ethnizitätsbildung Deutscher in den USA, z.B. durch Vereine, Feste, Musikveranstaltungen usw. untersucht. Dabei gibt es viele bemerkenswerte Randnotizen: Wer weiß schon, dass 1848, im Goldrausch, von 100 000 Bewohnern Kaliforniens, immerhin 30 000 Deutsche waren! Diese bauten hier, wie auch vor allem im Mittleren Westen „durch ihre Schulen, Kirchen, Vereine und deutschsprachige Presse eine spezifisch deutschamerikanische Ethnizität auf“.

„Deutsche im Amerikanischen Bürgerkrieg“ (1861-65) ist das Thema von Emeritus Wolfgang Helbich (früher Ruhr-Universität, Bochum): 200 000 Soldaten der Unionsarmee waren damals deutsche Einwanderer, – vorher oft preußische Wehrdienstflüchtlinge. Und als Phänomen bezeichnet es Helbich, dass es damals allein 30 rein deutsche Regimenter gegeben habe. Der aus Herford stammende Illinois-Lt. Governor und Banker Franz Arnold Hoffmann (1822 -1903) beispielsweise finanzierte 1861 aus seiner Privatschatulle ein eigenes Regiment!

Unausrottbare Stereotypen „The Krauts“ und „Die Amis“

Was aus den bis 1914 in den USA gebildeten, zahllosen deutschen „Little Germanies“ (Ethnizitäten) geworden ist, als die USA in den 1. Weltkrieg eintraten, und erst recht mit dem 2. Weltkrieg und Holocaust, sind bis heute unzählige herabsetzende, anscheinend unausrottbare Stereotypen entstanden. Das haben Emeritus Peter Freese (Paderborn), wie auch Erhardt U. Heidt (Universität Bielefeld) unter der Überschrift „The Krauts“ und „die Amis“ bestätigt gefunden, während sich Gerd Hurm (Trier) mit der aktuellen politischen Rhetorik in den USA befasst.

Weitere Kapitel hier veröffentlichter Forschungsergebnisse gelten dem sehr eingeschränkten Focus amerikanischer Medien auf Deutschland (Anna Schwan), dem Einfluss deutschen Bildungswesens auf Nordamerikas Universitätslandschaft (Waldemar Zacharasiewicz, Universität Wien), „Germanistik in den USA und in Deutschland“ (Wolfgang Braungart, Universität Bielefeld) sowie „Deutsche Literatur in den USA“ (Michael Ossar, Kansas State University) und „The Culinary Heritage: German Ingredients in American Cooking“ (Melissa Knox-Raab, Universität Duisburg-Essen). Übrigens ein – neben einer Fülle wissenschaftlicher Fakten – auch sehr erheiternder Beitrag über buchstäblich vermischte Koch- und Essgewohnheiten hüben und drüben!

Die politischen Beziehungen zwischen den USA und Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg und bis in die Gegenwart leuchtet Hans-Jürgen Grabe (Luther-Universität Halle-Wittenberg) kritisch aus, während Oliver Lepsius (Universität Bayreuth) den Einfluss deutscher Rechtsideen in den USA, mit wechselseitigen Auswirkungen bis in die Gegenwart, untersucht.

Wie deutsche Namen amerikanisch wurden

Jürgen Macha (Universität Münster) hingegen zeigt auf, wie sich Namen ausgewanderter Deutscher in der Neuen Welt – oft durch phonetische Weitergabe wie bei der Landung von Emigrantenschiffen in New Orleans – grundlegend änderten: Unter dem Stichwort „Dealing with words“ entlarvt er (im simplen Verständnis des deutschen Einwanderers) „Schikajoh“ als Chicago, „Neu Ollinz“ als New Orleans und amerikanisch willkürlich oder gewollt umgeschriebene deutsche Namen: Aus dem 1841 von der Eifel eingewanderten Anton Fuchs wurde Anthony Fox, aus Johann Lehmann von Wiesenscheid John Leyman, aus Johann Schüller (Adenau) John Sheller.

Ein sehr trauriges, gleichwohl (leider) wahres Kapitel aktueller deutscher Medienpolitik ist der Beitrag von Hans K. Kleinsteuber (Universität Hamburg) über den medialen Kampf gegen unhaltbare Stereotypen in der Gegenwart und den Todesstoß gegenwärtiger Berliner Politik gegen „German TV in USA“. Gerade über das Fernsehen hätte es, so Kleinsteuber, langfristig eine Chance gegeben, die USA und ihre per Printmedien leider nur wenig zugängliche Bevölkerung über unsere wirkliche politische, soziale und kulturelle Situation laufend zu informieren und den dort nach wie vor weithin verbreiteten, bösen Stereotypen wie „Nazideutschland“, „SS-Staat“, Militarismus, Biertrinker-Image und „German Krauts“ entgegenzuwirken.

Das Gegenteil sei eingetreten. Der deutsche Medienexperte schließt dazu im März 2006 „post scriptum“, tief enttäuscht: „Wie prognostiziert, ist German TV zum Ende des Jahres 2005 eingestellt worden!“

Die deutsche Präsenz in den USA/The German Presence in U.S.A.
Herausgegeben von / edited by Josef Raab & Jan Wirrer
Hardcover, 848 S., m. zahlr. Abb.u.Tab.
ISBN 978-38258-0039-0
LIT Verlag Dr. W. Hopf, Berlin 2008

Die Nordamerikaauswanderung in Abbildungen deutscher illustrierter Familienblätter und Satirezeitschriften 1835-1944

Für die Ausstellung „Good Bye, Bayern, Grüß Gott, Amerika!“ des Hauses der Bayerischen Geschichte in Augsburg wertete Frau Dr. Pohlmann deutsche und deutsch-amerikanische Zeitschriften des 19. und 20. Jahrhunderts sowie spezielle Auswandererzeitungen der Weimarer Republik und der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nach Abbildungen, Berichten, Gedichten, Liedern und Anzeigen zum Thema ‚Deutsche Nordamerikaauswanderung‘ aus. Ihre Online-Publikation beschäftigt sich mit einem Teilaspekt dieser Arbeit: mit einer Auswahl von Abbildungen aus deutschen Familien- und Satirezeitschriften über einen Zeitraum von rund 100 Jahren.

Bei der Auswertung der Zeitschriften wird folgenden Fragen nachgegangen:

  • Worüber informieren die Abbildungen?
  • Stehen sie thematisch isoliert oder gibt es einen inhaltlichen Bezug zu anderen Bildzeugnissen oder Berichten im mittelbaren oder unmittelbaren Umfeld?
  • In welchem historischen Kontext sind die Bildaussagen zu verstehen?
  • Welches Interesse hatten die Zeitschriften bei der Veröffentlichung der Bilder?
  • Welche Einstellungen der Zeitschriftenredaktionen werden hierbei sichtbar, und wo hatten diese ihren Ursprung?

Dopheide – vor 120 Jahren ausgewandert nach Amerika

Eine Buchvorstellung von Friedrich Schütte

Kreisarchivar i. R. Alfred Smieszchala, Warendorf, Gründungsmitglied des Amerikanetzwerks, hat in langjähriger, privater Recherche die Wege von westfälischen (meist Warendorfer) Amerikafahrern der Familie Dopheide verfolgt und dokumentiert. Sein besonderes Interesse konzentrierte sich dabei auf zwei männliche Namensträger dieser Sippe, die mit oder als Patres der Warendorfer Franziskaner insbesondere im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten, katholische Kirchengeschichte geschrieben haben.

In der Sonderausgabe 2009 des Familienverbandes Dopheide e.V., Bielefeld, veröffentlicht Alfred Smiezchala speziell die „Americanische Corespondenz“ des Warendorfers Anton Dopheide, eine Sammlung von Briefen, die dieser seinen Söhnen nach Amerika geschrieben hat und die umgekehrt – von dort zum Vater nach Warendorf geschickt worden sind. Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei jene Aufzeichnungen, welche „Vater Dopheide“ machte, als er ab dem 14. November 1889 seine dem Geistlichen Stand bei den Franziskanern in Amerika geweihten Söhne August und Aloys, mit der Bahn nach Bremen brachte und dort dem Schiff „Eider“ anvertraute. Der Stadt Bremen, Bremerhaven, dem ganze Drum und Dran des Überseebetriebs werden lange Ausführungen gewidmet. Smieszchala hat alles wortgetreu übertragen und dazu das „Umfeld“ dieser und anderer Franziskaner-Aussendungen nach USA (Quincy) „ausgeleuchtet“. Dass damals (November 1889) der Pater Provinzial der amerikanischen Ordensprovinz der Franziskaner im Staate Illinois, Ferdinandus, extra nach Warendorf gekommen war, um insgesamt 14 junge Männer (darunter 6 Warendorfer) zum Studium der Theologie und Dienst im Franziskanerorden abzuholen, Ziel: Quincy, Illinois, heute Partnerstadt von Herford, wirft ein Licht auf den Einfluss westfälischer Mönchsorden in Übersee.

Bei seiner Arbeit konnte sich Alfred Smieszchala partiell auf die von Dr. Emil Dopheide erstellte „Familiengeschichte Dopheide“ beziehen, in der jedoch, mangels damaliger Unterlagen, Auswanderer nach Amerika lediglich pauschal am Rande erwähnt worden waren. Nur durch einen glücklichen Zufall gelang es, bei Familie Wallmeier jene Sammlung von 331 Schriftstücken, die sich auf die Zeit von 1889 bis 1911 beziehen, aus dem Nachlass jenes Berichterstatters vom 14. 11.1889 sicherzustellen: Eben jenes eingangs genannten Postschaffners Anton Dopheide aus Warendorf!

Anzufügen ist, dass gerade die Warendorfer Franziskaner in der Gründung und Betreuung nordamerikanischer katholischer Gemeinden und Schulen während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, eine führende Rolle gespielt haben. Immerhin hat kirchliche Forschung inzwischen die Übersiedlung von 500 Münsterländer plus 700 Hochstift-Paderborner Priester nach USA, darunter Hunderte Franziskaner, nachgewiesen. Einer der populärsten Laienbrüder ist bis heute der aus Harsewinkel stammende, bei den Franziskanern in Warendorf ausgebildete Zimmermann und spätere Star-Architekt Adrian Wewer (1836-1914) gewesen. „Bruder Adrian“ entwickelte von Quincy aus nämlich eine Art „Baukastensystem“, demzufolge katholische Gemeinden unschlagbar preisgünstig, meist in Eigenarbeit, ihre Kirch- und Schulbauten errichten konnten, sei es im neuromanischen, neugotischen Stil oder in der mexikanischen Adobe-Bauweise. Von Quincy ausgehend, hat Pater Adrian auf diesen Weise in ganz Nordamerika preiswert mehr als 120 bedeutende sakrale Bauwerke geschaffen – von Kirchen und Abteien bis zu mächtigen Kathedralen.

DOPHEIDE – Vor 120 Jahren ausgewandert nach Amerika / Sonderausgabe 2009 / Familienverband Dopheide e. V. Bielefeld, 30 S., geheftet, Format DIN A5, ist im Buchhandel registriert unter ISSN 1439-9423

Eberhard Hermann Röttger (1800-1888), Missionar in Niederländisch-Indien, Pfarrer in Lengerich und Lotte

Westfälischer Fernost-Missionar Eberhard Hermann Röttger, „Erweckter“ und Königstreuer im Dienst von Kirche und Staat (Eine Buchbesprechung von Friedrich Schütte)

Alfred Wesselmann, seinerzeit mit einer Arbeit über den 1848er westfälisch-amerikanischen Revolutionär und Auswanderer-„Hero“ Hermann Kriege aus Lienen promoviert und heute Studiendirektor für Englisch und Geschichte am Hannah-Arendt-Gymnasium Lengerich sowie am Studienseminar in Rheine, hat mit seiner jüngsten Veröffentlichung über den protestantischen Missionar und Pfarrer Eberhard Hermann Röttger (1800-1888) u.a. die bewussten politischen Verbindungen des preußischen Könighauses wie auch der niederländischen Krone während des 19. Jahrhunderts mit evangelischer Mission (hier: in Asien) auf bemerkenswerte Weise nachgewiesen.

Nicht, dass der aus kleinsten Verhältnissen des Tecklenburger Landes stammende Heuerlingssohn und Gottesmann Röttger es mit seiner geistlichen Berufung und Mission seinerzeit nicht ernst gemeint hätte. Nein, Röttger sah sich als „wahrhaft Erweckter“ nach Art der „pietistischen Ravensberger Erweckungsbewegung“, die seinerzeit bis ins Tecklenburger Land ausstrahlte. Doch seine missionarischen Bemühungen im Dienste der Nederlandsch Zendeling Genootschaft (NZG) zwischen 1832 und 1842 (von Riau aus bis Sumatra, Borneo und nach China hinein) waren trotz allen Einsatzes und großer persönlicher Opfer mehr als bescheiden. Politisch jedoch bewegte der westfälische Gottesmann mit seiner geschickten Missonsdiplomatie Erstaunliches. Gleichwohl verbrachte Röttger die weitaus längste Zeit seines seelsorgerlichen Schaffens (eher missionsmüde und vor Ort nicht immer unumstritten) als Pfarrer in Lengerich (1847-57) und in Lotte (1857-88).

Das Buch ist einerseits spannend zu lesen und andererseits in unzähligen Fußnoten unglaublich dicht dokumentiert:

Wie dieser Gottesmann (Röttger) aus Lengerich-Hohne schon als Gardesoldat, nachfolgend auf der Missionsschule in Berlin, bleibende persönliche Verbindungen bis in das damalige Königshaus der Hohenzollern hinein aufbaute, diese brieflich klug zu halten und auszubauen verstand und lebenslang für sich einsetzte. Auf welche Weise er seinen Aufenthalt in Ostasien immer wieder nutzte, der königlichen Bibliothek zu Berlin seltene Bücher aus dem Reich der Mitte zu besorgen und später selbst noch von Lotte aus königstreue Politik betrieb ? das war und ist schon absolut ungewöhnlich und dies hat Alfred Wesselmann mit einer Fülle an Dokumenten, literarischen Quellenangaben für das In- und Ausland, vor allem aus Kirchen- und Missionsarchiven in Holland wie in Deutschland quasi lückenlos belegt.

Dass wir Alfred Wesselmanns Buch speziell den Mitgliedern, Freunden und Nutzern unseres Amerika-Netzwerks vorstellen, ist im Kontext zu der Westfälischen Amerika-Auswandererforschung im 19. Jahrhundert zu sehen:

Das Tecklenburger Land und ganz besonders Lotte waren zu der Zeit, als Röttger dort Pfarrer war, Zentren der Migration (hier: nach Nordamerika). Geistliche spielten damals in der Demokratiebewegung und bei der Betreuung auswanderungswilliger Bürger vielfach eine zentrale Rolle, sei es als soziale oder politische Kritiker am preußischen Staat oder umgekehrt.

Als stockkonservativer Königstreuer und scharfer Kritiker freiheitsuchender „Achtundvierziger“ wie etwa Hermann Kriege oder Wilhelm von Laer, war Röttger den Gegnern preußischen Absolutismus offensichtlich keine Hilfe. Röttger ist lt. Wesselmann zwar „weder das eine noch das andere gewesen“; im Zweifel jedoch stand er hinter dem König, wie seine und seiner Gemeinden (von ihm inszenierte) zahlreichen, schriftlichen Treuebekundungen Richtung Berlin beweisen.

Hier zieht sich, über unser Fallbeispiel Röttger weit hinaus, absolute Königstreue evangelischer Untertanen wie ein roter Faden durch ganz Westfalen – von Röttger bis zum damaligen Hofprediger in Berlin, vom deutschnationalen Superintendenten Theodor Schmalenbach bis zu Volkening in Jöllenbeck, Westfalen: Sie waren im Zweifel gegen die neuen Freiheiten und damit gegen Demokratie und standen so, letztendlich, nicht auf der Seite der ihnen anvertrauten, zum allergrößten Teil bitterarmen und politisch unmündigen Menschen.

Und noch etwas zeigt Alfred Wesselmann am Beispiel Pfarrer Röttgers respektive damaliger preußischer Kirchenpolitik in Deutschland und speziell in Westfalen auf: Wie in den 1840er bis 1880er Jahren „von oben herunter“ gezielt dafür gesorgt wurde, in gemischt konfessionellen Gebieten wie dem Tecklenburger Land „die richtigen“, d.h. monarchietreue und, wenn eben möglich, e v a n g e l i s c h e n Kandidaten für das preußische Abgeordnetenhaus aufzustellen. Das war Kulturkampf pur – und zur Amtszeit des Lotter Pfarrers Röttger ein Anlass mehr, weshalb so vielen Menschen hierzulande nichts anderes übrig blieb, als ihre politische Mündigkeit in der „Neuen Welt“ zu suchen.

Alfred Wesselmann: Eberhard Hermann Röttger (1800-1888), Missionar in Niederländisch-Indien, Pfarrer in Lengerich und Lotte. agenda-Verlag, Münster 2008, 290 Seiten, ISBN 978-3-89688-354-4

Melle(r) in der Neuen Welt

Jürgen Krämer hat, zusammen mit einem Dutzend Auswanderungsexperten, darunter Prof. Kamphoefner und unsere OS-Mitglieder Wolfgang Dreuse und Jürgen Wildt, ein neues (hervorragend gelungenes) Buch über die Meller Massenauswanderung nach Missouri sowie die nun 20 Jahre bestehende Städtepartnerschaft Melle – New Melle herausgebracht:

Melle(r) in der Neuen Welt
Ein Brückenschlag aus dem Osnabrücker Land in die USA und zurück
Hrsg. von Jürgen Krämer
Hardcover gebunden
209 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen
Eine ausführliche Buchvorstellung dazu von Friedrich Schütte:

Stellenwert und Funktion von Gemeinde, Pastor und Lehrer in Kirchengemeinden der Missouri-Synode des 19. und 20. Jahrhunderts

Eichhorn, Harro: Stellenwert und Funktion von Gemeinde, Pastor und Lehrer in Kirchengemeinden der Missouri-Synode des 19. und 20. Jahrhunderts. Auf den Alltagsspuren deutscher Auswanderer in Kirchenbüchern, Protokollbüchern und religiösen Periodika. III, 618 S. Oldenburg: Carl von Ossietzky Universität 2006 (Dissertation)

Die unter dem Link http://oops.uni-oldenburg.de/67/ vorliegende Arbeit, in der problemlos mit Hilfe der „Lesezeichen“ navigiert werden kann, gibt einen Einblick in die Alltagsgeschichte deutscher Auswanderer in den USA. Hauptquelle für diese Arbeit waren Kirchenbücher von 14 und Protokollbücher von 12 Kirchengemeinden im Südosten des Bundesstaates Indiana, die sich im Laufe ihres Bestehens der Missouri-Synode angeschlossen hatten.

Die Kirchenbücher (ihr Berichtszeitraum erstreckte sich, von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich, zwischen 1835 und 1982) wurden in ihrer Gesamtheit auf Namenseintragungen in den Rubriken Geburten, Taufen, Heiraten, Konfirmationen, Begräbnisse oder sonstige Bemerkungen hin ausgewertet, die einen eindeutigen Bezug zum deutschsprachigen Raum bzw. zu den einzelnen dort früher existierenden Territorien hatten.

Bei den in den 3 Tabellen (Auswanderer mit Bezug zu ihrem Herkunftsland; Auswanderer aus Ostercappeln, Melle, Bramsche, Gohfeld, Hilter, Essen und Speichersdorf; Auswanderer mit Vermerken über Konsens-, Passerteilungen, Abreise-, Einwanderungsdaten, Passagierlisten und Kirchenbucheintragungen) aufgelisteten Namen sind Mehrfachnennungen möglich. Diese wurden beibehalten, um so dem Leser einen möglichen Ortswechsel nachvollziehbar, verschiedene Schreibweisen erkennbar oder Änderungen in den einzelnen Spalten sichtbar zu machen.

Eine Sortierung u. a. nach Sigle (Kirchengemeinde), Name, Geburtsname, Vorname, Rufname, Beruf, Konfession, Geburtstag, Geburtsort, Tauftag, Taufort, Todes-/Begräbnistag, Kreis/Amt, Regierungsbezirk/Herrschaft, Land, Familienstand, Alter, Geschwister, Einwanderung, Sonstiges und Quelle wurde vorgenommen. Geburtsorte wurden, wenn möglich, verifiziert.

Passagierlisten wurden in der Mediathek der Universität Oldenburg, Auswanderungskonsense in den Staatsarchiven Hannover, Osnabrück, Oldenburg und Kirchennebenbücher der deutschen Herkunftsgemeinden auf Mikrofiches in den Staatsarchiven Osnabrück, Oldenburg, dem Kirchenbuchamt des evangelisch-lutherischen Stadtkirchenverbandes Hannover, dem Kirchenbuchamt der evangelisch-lutherischen Kirchen Osnabrücks und dem Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld durchgesehen. Die Masse der Auswanderer kam aus dem Westfälischen bzw. dem Osnabrücker Land, darum dürften die Tabellen für Forscher aus diesen Gegenden interessant sein.

In den Protokollbüchern wurde der Zeitraum von 1839 – 1932 (von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich) ausgewertet. Die Eintragungen, zumeist in deutscher Schreibschrift, waren zum großen Teil ergebnisorientiert, wobei die zu Ergebnissen führenden Schritte mit festgehalten wurden. Deutlich ausgeprägt waren die oft nahezu minutiös festgehaltenen Eintragungen bei Problembehandlungen, vor allem in Angelegenheiten der Kirchenzucht.

Folgende Fragen werden gestellt und beantwortet: Wer waren die Akteure in den Kirchengemeinden? Welche Strukturen ermöglichten die Koordination des alltäglichen Miteinanders? Wie wurden anstehende Probleme abgearbeitet und wie konnten sie einer allgemeinverträglichen Lösung zugeführt werden? Hatten die agierenden Entscheidungsträger gleiche Voraussetzungen in ihren Handlungsspielräumen oder war eine mehr oder weniger bestimmte Kompetenzreihenfolge vorgegeben? Wurde diese eingehalten oder änderte sie sich im Laufe der Zeit?

Die Arbeit zeigt sehr konkret, vor allem auf der Grundlage der Protokollbücher, dass die Kirchengemeinden in Südost-Indiana, von Ausnahmen abgesehen, in der Lage waren, ihre Alltagsprobleme im Rahmen der ihnen eigenen Strukturen selbst zu lösen. Stets waren die stimmberechtigten Gemeindemitglieder die Hauptakteure. Die Pastoren hatten, je nach persönlicher Ausstrahlung, keinen geringen Einfluss, aber sie dominierten nicht die Gemeinden; noch weniger dominierten die Lehrer. Das änderte sich nicht grundsätzlich. Nur freiwillige Kompetenzabgaben durch die Gemeindemitglieder hätten dies ermöglichen können.

Venne in Amerika

Die wissenschaftliche Arbeit trägt den Untertitel „Die Geschichte der USA-Auswanderung aus einem niedersächsischen Dorf im 19. Jahrhundert“ und untersucht eingehend die Schicksale der 2.000 Auswanderer aus dem Dorf Venne im Osnabrücker Land. Den Schwerpunkt legt Udo Thörner auf die Siedlung im Mittleren Westen: Er beschreibt ausführlich die 15 wichtigsten Zielregionen der Venner Auswanderer und beleuchtet dabei viele Einzelbiographien. Der Autor geht auch auf die Gründe für die massenhafte Auswanderung ein („Push- und Pull-Faktoren“) und schildert die heute nicht mehr vorstellbaren Reisebedingungen. Statistische Auswertungen stellen einen Bezug der dörflichen Venner Auswanderungsgeschichte zur gesamtdeutschen Auswanderungsbewegung des 19. Jahrhunderts her. Im Anhang der umfangreichen Untersuchung sind die Namen und Zielorte aller Venner Auswanderer aufgeführt.

Das Buch, herausgegeben vom Arbeitskreis Familienforschung Osnabrück e.V., hat 322 Seiten. Rechtzeitig zur USA-Reise von 35 Vennern im Herbst 2008 kam die englische Fassung des Werkes auf den Markt. Unter https://osfa.de/venne-in-amerika-2/ kann sowohl die deutsche als auch die englische Ausgabe bestellt werden.

Von Westfalen in die Welt

von Michael Rosenkötter

So lautet der Titel meines Buches über die Geschichte der Familie Rosenkötter. Aufbauend auf den Forschungen von Adalbert Rosenkötter aus Bielefeld, der vielleicht einigen von Ihnen bekannt ist – er hat in den 60er und 70er Jahren den Stammbaum der Rosenkötters erarbeitet – , habe ich in den letzten Jahren die Geschichte unserer Familie in Kirchlengern seit der ersten urkundlichen Erwähnung 1479 bis zur Bauernbefreiung und dem Beginn der Industrialisierung Ostwestfalens anhand zahlreicher Dokumente nachgezeichnet. Es werden die sozialen und wirtschaftlichen Hintergründe des bäuerlichen Lebens dargestellt. Zahlreiche Dokumente illustrieren die vielfältigen Beziehungen der Kötterfamilie zu dem Grund- und Lehnsherrn, dem Kloster Quernheim bei Kirchlengern.

„From Westphalia Into the World“. Paperback erschienen bei Books on Demand. 192 Seiten, Großformat 19 x 27 cm, ISBN 3-8334-0340-3

Zum Buch ist auch eine CD-ROM erhältlich (10,- € plus Versandkosten), die sämtliche Dokumente, Bilder, Karten, Photos usw. meist in großer Auflösung enthält. Mit Acrobat Reader kann auch auch die deutsche bebilderte Version des Buches gelesen werden. Darüber hinaus finden sich fast alle Quellen, die ich für die Darstellung benutzt habe.

Zusätzliche, extra für diese CD-ROM angefertigte, Materialien runden das Informationspaket ab. Die Dateien sind in Formaten abgespeichert, die von allen geläufigen Betriebssystemen gelesen werden können. Die CD-ROM und auch das Buch sind über folgende E-mail-Adresse zu bestellen: rosenkoetterfamilyresearch(at)onlinehome.de. Über diese Adresse können auch weitere Informationen nachgefragt werden.

Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis des deutschen Teils:

Von Westfalen in die Welt – Eine ostwestfälische Bauernfamilie sucht das Glück in den Vereinigten Staaten von Amerika

1500 bis 1800: Eine Bauernfamilie in Westfalen
Der Rosenkotten in der Klosterbauerschaft des Stifts Quernheim
Rechte und Pflichten der Bewohner der Bauerschaft des Klosters
Besitz, Abgaben und Handdienste des Hofes Nr. 10 „Rosenkötter“
Soziale Gliederung der Besitzer der Höfe des Stifts Quernheim
Sterbfälle der Besitzer des Rosenkotten
Weinkauf bei Besitzwechsel und Regelung der Leibzucht
Freikauf, Freibrief und Wechselschein bei Aufheirat auf einen Hof
Aufhebung der Leibeigenschaft und der Grundherrschaft


Migration der Familie Rosenkötter
Die verschiedenen Zweige der Familie Rosenkötter in Westfalen
Überblick über die politischen Herrschaftsverhältnisse in Westfalen
Migration als Antwort auf soziale und wirtschaftliche Not in Westfalen im 19. Jahrhundert
Auswanderungsbestimmungen des preußischen Staates


Von Westfalen nach Amerika
Die Auswanderung nach Amerika erfolgte in vier Phasen von 1840-1890
Die Reise von Ostwestfalen über den Atlantischen Ozean nach New Orleans
„Seid vorsichtig, dass ihr nicht auf solch einem Piratenschiff landet.“ Fiktives
Tagebuch der Anna Marie Rosenkoetter Kracht
Die Reise auf dem Mississippi nach St. Louis, Missouri


St. Louis und St. Louis County, Missouri, um 1840/1850
Die Stadt St. Louis in Missouri in der Mitte des 19. Jahrhunderts
North St. Louis County – St. Ferdinand


1841-1853: Erste Siedler aus Westfalen im North St. Louis County, Missouri
1841: Heinrich Adolph Rosenkoetter / Fredericke Lindemann
1841/43: Herman Heinrich Rosenkoetter
1843: Eine ganze Familie wandert aus nach Missouri
Herman Rosenkoetter / Louise Vogelsang und ihre Kinder
1843: Charles Rosenkoetter
1843: Anne Marie Rosenkoetter Toelle
Franz Rosenkoetter
Henriette Rosenkoetter Remmert
1843: Henry Rosenkoetter
1843: Louise Rosenkoetter Poeggemoeller


Den Pionieren im North St. Louis County folgten weitere Einwanderer
1849: William Rosenkoetter
1850: Adolph Rosenkoetter, Charlotte Homburg und ihre Kinder
1850: Louisa Rosenkoetter Gerling
1850: Frederica Rosenkoetter Hoffmeister
1850: William Rosenkoetter
Henry Charles Rosenkoetter
1849: William Rosenkoetter und 1850 Elizabeth Homburg
Johanna Maria Friedrike „Mary“ Rosenkoetter Schewe
Karl Heinrich Wilhelm „Henry“ Rosenkoetter
Franz Wilhelm Friedrich Caspar „Frank“ Rosenkoetter
1853: Heinrich Konrad Kracht und seine Frau Anna Marie Louise Rosenkoetter


Das deutsche Alltagsleben in St. Ferdinand
Deutsche Einwanderer in St. Ferdinand kamen aus den Kreisen Bielefeld, Minden und Herford
Händler, Handwerker und Gastwirte waren die Begründer der Siedlungen Black Jack und Spanish Lake
Grundbesitz der deutschen Siedler in St. Ferdinand
Zwischen Anpassung und Bewahrung kultureller Identität
Freizeitaktivitäten der deutschen Gemeinde in St. Ferdinand
Das Schulwesen in St. Ferdinand
Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Salem in Black Jack wurde 1848
gegründet
Landwirtschaftliche Produkte und Märkte in St. Louis
Straßen in St. Ferdinand


Deutsche Auswanderer in Quincy, Adams County, Illinois
Die Geschichte der Stadt Quincy in Illinois (1810-1920)
Die deutsche Einwanderer Henry und August Rosenkoetter in Quincy, Adams County, Illinois
Die Kinder von Henry und August Rosenkoetter


Pioniere in der Bluestem Prairie von Kansas
Die Familien Moehlman / Rosenkoetter: Deutsche Pioniere in Manhattan, Kansas

West, West — Going West!
Going West – Auf nach Colorado und Nebraska
Grand Island am Platte River

Der englische Teil des Textes (Seite 1-123) ist durchgängig illustriert. Querverweise zwischen dem englischen und deutschen Textteil vereinfachen die Handhabung. So ist es recht einfach möglich, den bebilderten englischen Text zu lesen und bei Verständnisschwierigkeiten zur deutschen Übersetzung zu blättern.

Westfalen in Amerika

Friedrich Schütte: „Westfalen in Amerika“, 256 S., 196 Abb., Hardcover, Landwirtschaftsverlag Münster (2005), ISBN-Nr. 3-7843-3356-7

Zeitungs- und Radioreporter Friedrich Schütte hat in diesem seinem neuesten Buch die Ergebnisse von 40 Jahren privater Forschung auf den Spuren von vermutlich mindestens 300.000 westfälisch-lippischen Amerikafahrern aus dem 19.Jahrhundert zusammengefasst. Die eigenen Recherchen wurden dabei um aktuelle Forschungsergebnisse zahlreicher befreundeter deutscher und amerikanischer Wissenschaftler verschiedener Disziplinen ergänzt und (ohne wissenschaftlichen Anspruch) journalistisch-flott an 40 Lebensbildern berühmt gewordenen Westfalen in der Neuen Welt „aufgehängt“: Meist friedlicher „Heroes“, von denen man hierzulande bislang wenig oder auch noch gar nichts wußte.

Presse, Fachwelt und WDR-Fernsehen würdigen Buch „Westfalen in Amerika?“

Inzwischen liegen sowohl aus der Fachwelt als auch von Presse und WDR-Fernsehen mehr als 50 Buchbesprechungen, Sendungen bzw. auszugsweise Veröffentlichungen und Würdigungen vor:

Darin wird „Westfalen in Amerika“ durchgehend positiv, ja enthusiastisch begrüßt und als äußerst leicht lesbare, spannende Dokumentation gewürdigt. Darüber hinaus finden die sorgfältig-repräsentative Aufmachung und eine drucktechnisch ausgesprochen aufwändige Innengestaltung des Bandes nebst geradezu perfektem Vierfarbdruck auf Hochglanzpapier viel Lob und Anerkennung – womit letztlich auch der relativ hohe Preis des Buches erklärt werden kann.

Von der Erstauflage von 3.500 Exemplaren ist inzwischen mehr als die Hälfte über den Buchhandel in Deutschland (Vertriebs-Schwerpunkt Westfalen) und Übersee verkauft worden. Bei weiterhin positivem Absatz ist daran gedacht, „Westfalen in Amerika“ in einigen Jahren in einer zweiten, aktualisierten und erweiterten Ausgabe speziell für die USA in englischer Sprache herauszugeben.

Anhand vieler Auswanderer-Porträts Massenauswanderung nach USA erklärt

Die „Völkerwanderung“ von schätzungsweise 300.000 Westfalen sowie 400.000 Niedersachsen (unter insgesamt fast 7 Millionen Deutschen) zwischen 1830 und 1900 nach den USA zu erklären, ist wegen der damit verbundenen, riesig hohen, gleichwohl abstrakten Zahlen äußerst schwer. Deshalb hat sich der Autor Friedrich Schütte aus seinen in vier Jahrzehnten gesammelten oder ihm von anderen Migrationsforschern freundlicherweise zur Auswertung überlassenen Lebensbildern 40 AmerikafahrerInnen herausgesucht – Biographien von meist friedlichen „Heroes“, an deren Leben vielschichtig deutlich gemacht wurde, warum, wie und wann die unvorstellbare Wanderbewegung in die Neue Welt vonstatten ging.

Darüber hinaus erfährt der Leser Kapitel für Kapitel in spannenden (dabei sorgsam dokumentierten) Geschichten, wie im Rahmen der Kettenwanderung in Übersee „Neu Westfalen“ bzw. fast zahllose „Little Germanies“ entstanden und was drüben aus den einzelnen „Helden“ des Buches geworden ist.

Nicht wenige Westfalen haben in Übersee US-Geschichte geschrieben

Wer waren eigentlich die „Scouts“, sprich Wegbereiter jener etlichen Hunderttausende, meist nur Plattdeutsch sprechenden (überwiegend bitterarmen) Westfalen in die Neue Welt?

Friedrich Schütte hat etliche von ihnen auf Friedhöfen, in Archiven und Museen persönlich aufgespürt, wie den Schwiegersohn des Herforder Landrats Philipp von Borries, Hermann Garlichs, der ab 1833 die Meller und Westerkappelner Auswanderer nach Missouri führte. Oder den Oelder Arzt Dr. Bernhard Bruns und dessen Frau Henriette („Jette“), die in 600 Briefen an ihren Bruder in Münster den Leidensweg nach und in ihrem „Neu Westfalen“ (Westphalia, Missouri) ungemein exakt und anrührend beschrieben hat. Oder evangelische Geistliche wie August Rauschenbusch (Altena), August Schmieding (Vlotho), A. Kuhlenhölter (Wüsten) und andere, die als Gründer und Hirten von Herforder, Bielefelder, Bünder, Lipper, Lübbecker und Altenaer Auswanderergemeinden in der Prärie in die Geschichte eingegangen sind.

Professor Dr. Franz Boas aus Minden wurde als amerikanischer Anthropologe weltberühmt. Sein Onkel Abraham Jacobi hat in New York das erste Kinderkrankenhaus der USA gegründet. Heinrich Schlüter aus Oberlübbe wurde zum Star-Architekt der Weltausstellungen in St. Louis und Chicago. Elisabeth Ney aus Münster schuf als Texanerin die Marmorbüsten etlicher Gründerväter der USA im Capitol zu Washington D.C., Heuerlingssohn Heinrich Drügemöller aus Ostbevern wurde als Henry Möller Erzbischof von Cincinnati. Die Stromberger Gebrüder Griesedieck schufen in St. Louis das zeitweilig größte amerikanische Brauerei-Imperium.

Und dann die Söhne westfälischer Auswanderer: Der Vater des Gründers der Boeing-Werke in Seattle, William Boeing, wanderte als Wilhelm Böingh vom Schultenhof in Heeren bei Unna bzw. von seinem Elternhaus bei Hagen nach Nordamerika aus. Professor Dr. Reinhold Niebuhr aus Hardissen bei Lage (Lippe) wurde in den 1930er Jahren und bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg das moralische Gewissen der Nation: Als offizieller Ethik-Berater von vier amerikanischen Präsidenten, von Roosevelt bis Johnson, durfte Niebuhr den damaligen US-Staatslenkern (sozusagen auftragsgemäß) die Leviten lesen und schrieb überdies als Präsident der ersten Ökumenischen Weltkirchenkonferenz 1948 in Amsterdam Weltgeschichte.

Eine Buchrezension von Dr. Alfred Wesselmann

Der Historiker Dr. Alfred Wesselmann (Lengerich) über Friedrich Schüttes neues Buch über westfälische Amerikafahrer des 19. Jahrhunderts aus dem Landwirtschaftsverlag, Münster.

Inhaltsverzeichnis

V o r w o r t

  1. Ziel: Die eigene Farm in Amerika Jürnjakob Swehn, Heinrich Vogel und Hunderttausende andere Amerikafahrer aus Westfalen verwirklichen ihren Lebenstraum (Allgemein/OWL)
  2. 300 000 Westfalen in der „Neuen Welt“ (Allgemein)
  3. Einen eigenen Bahnhof in Minden/Nevada für „Rinderkönig“ H.F. Dangberg aus Halle (Westf.) (OWL)
  4. Oelder Arzt Dr. Bernhard Bruns: Ein Pfadfinder der Kettenwanderung katholischer Westfalen nach Missouri (MS)
  5. Dr. Abraham Jacobi aus Hartum: Gründer der ersten US-Kinderklinik und Reformer der Kinderheilkunde (OWL)
  6. Briefe Gerdemann & Co: Beste Werbung für eine Auswanderung in die „Neue Welt“ (MS)
  7. Dr. Ernst Kapp, Lehrmeister für Demokratie westfälischer „Achtundvierziger“ flieht nach U.S.A. (OWL)
  8. Revolutionär Friedrich Kapp aus Hamm (Westf.): Erst Flucht nach New York, dann Mitglied des Reichstages (OWL+MS)
  9. Die Marmetts aus Ostbevern als Reeder und Kapitäne auf Ohio und Mississippi (MS)
  10. Ein Blomberger Bürgermeistersohn segelte schon1693 in die „Neue Welt“ (OWL/DT)
  11. Aus Liebe zu Adelheid von Borries nach Amerika: Hermann Garlichs gründet mit Tecklenburgern die erste evangelische Gemeinde westlich des Mississippi (OWL+MS)
  12. Bismarcks harte Religionspolitik trieb den „Orden der Christlichen Liebe“ nach Übersee (OWL+MS)
  13. Lipper Julius Vord(t)riede: Redakteur einer neuen Verfassung für den Staat New York (OWL+DT)
  14. Franz-Arnold Hoffmann aus Herford: Pfarrer, Banker, Lt. Governor, PR-Manager für den „Sklavenbefreier“ Abraham Lincoln (OWL)
  15. Hermann Kriege aus Lienen schrieb von New York City aus Presse-Geschichte(n) (MS+OWL)
  16. Lipischer Oberst Emil von Donop unterlag 1777 am vor Fort Delaware den Truppen George Washingtons (DT+OWL)
  17. Von Amerika heimgerufen, um im Sauerland „Backes Hof“ zu erben (HSK)
  18. Im Strohsack bettelarm aus Westfalen geflohen, in Oklahoma als „Öl-Farmer“ steinreich gestorben (OWL)
  19. Clemens August Hunck aus Duelm (Minnesota) schickte 1875 Saatmais nach Dülmen (Westfalen) (MS)
  20. Bauer Friedrich Reineking segelte 1847 mit seinen 111 Langenholzhausern nach „Neu Lippe“ Wisconsin (DT+OWL)
  21. Ein „Königreich“ in Kalifornien für Goldsucher Peter Friedrich Tarke (OWL)
  22. Kunstwerke von Elisabeth Ney aus Münster schmücken das Capitol in Washington D.C. (MS)
  23. Bauernsohn Heinrich Schlüter, Star-Architekt der Weltausstellungen Chicago 1893 / St. Louis 1903 (OWL)
  24. Theodor Canisius aus Allendorf, Sauerland: Redakteur, Verleger und Botschafter Lincolns (HSK)
  25. Wilhelm von Laer: Achtundvierziger Flüchtling als Gründungsvater der „Westfälischen Landschaft“ (OWL)
  26. Bruder Adrian Wewer aus Harsewinkel: Baukastensystem für Kirchbau in den U.S.A. (MS)
  27. Franz Boas aus Minden: Bedeutendster Anthropologe seiner Zeit auf der Welt! (OWL)
  28. Familienzweig Derenthal aus dem Warburger Land: Vom Indianer-Missionar in Wisconsin bis zu einer Muster-„Stock-Farm“ in Minnesota (OWL)
  29. Nach Münsterländer Rezept Bier für Jersey City und „Big Apple“ New York (MS)
  30. „Hegelianer“ Heinrich Conrad Brockmeyer in „Hall of Fame“ führender US-Philosophen (OWL)
  31. C.F.G. Meyer aus Ilwede, Stemweder Berg: Vom bettelarmen Schäfer zum Multimillionär (OWL)
  32. Ein Amerikaner aus Westfalen als Missionar in dem ehemaligen „Deutsch-Südwestafrika“ (OWL)
  33. Berühmte Söhne westfälischer Auswanderer: (MS+OWL+DT)
  34. Roots von „Columbia“-Chef William Mc. Cool führen zu Familien Peithmann und Huck in Hille (OWL)
  35. DAUSA und die Osnabrücker Auswanderer-Forschung (Allgemein)
  36. www.amerikanetz.de: Westfälische und südniedersächsische Auswandererforscher bündeln Wissen und Erfahrung per Internet (Allgemein)
  37. 17 westfälische Partnerstädte mit 19 Sister Cities in U.S.A (Allgemein)
  38. 50 Jahre nach Start von „Sister Cities International“: Bilanz gemeindlicher Beziehungen zwischen Westfalen und U.S.A. (Allgemein)

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Bibliographie
Bildnachweis
Dank
Widmung

Westfalen in der Neuen Welt

Zur Jahresmitte 2006 ist Walter D. Kamphoefners erfolgreiches, 1982 in Münster erstmals herausgekommenes Buch

Westfalen in der Neuen Welt“
Eine Sozialgeschichte der Auswanderung im 19. Jahrhundert

mit aktualisiertem Inhalt und in stark erweitertem Umfang (u.a. ergänzt um einen Überblick zum aktuellen Stand der Forschung zur deutschen transatlantischen Migration des 19. Jahrhunderts) neu erschienen. Verlag: V&R unipress Göttingen, 296 S., gebunden, ISBN 3-89971-206-4.

Der Autor Walter Kamphoefner, Ph. D., ist Professor für Modern History an der Texas A&M-University, College Station, Texas /USA und befindet sich während des Sommers 2006 erneut auf Forschungs- und Vortragsreise in Deutschland.

Zum Inhalt heißt es in einem Flyer der „Studien zur Historischen Migrationsforschung SHM 15“:

„Transatlantische Netzwerke bestimmten in hohem Grade Intensität und Zielrichtung der europäischen Massenauswanderung des 19. Jahrhunderts. Das ist ein zentrales Ergebnis der Pionierarbeit zur deutschen transatlantischen Migration von Walter D. Kamphoefner, die als ein faszinierendes Beispiel einer ‚Geschichte von unten‘ in den ‚Studien zur Historischen Migrationsforschung‘ in einer erheblich überarbeiteten Neuausgabe vorgelegt wird.

Mit Hilfe der Anwendung neuer Methoden und der Erschließung neuer Quellen gelingt es der Studie, die sich auf die preußische Provinz Westfalen, das Osnabrücker Land und das Oldenburger Münsterland konzentriert, weithin getrennt untersuchte europäische und amerikanische Aspekte der Migration miteinander zu verbinden. Diese transatlantische Perspektive hat die lange Zeit verbreitete These von der ‚Entwurzelung‘ der Auswanderer widerlegt und ein mittlerweile herrschendes Paradigma der Migrationsforschung etabliert.

Durch die Verkettung personenbezogener Daten aus Auswandererlisten und US-Volkszählungsurlisten kann die Bedeutung der Kettenwanderung dokumentiert werden, die ganze Dörfer buchstäblich nach Amerika verpflanzte.“